OGH zur downstream-Kreditgewährung in der Krise

OGH zur downstream-Kreditgewährung in der Krise

(OGH 23.04.2020, 6 Ob 154/19v)

Wenn Unternehmen in der Krise von dritter Seite keine Finanzierungen mehr erhalten, bleibt zur Rettung oft nur noch die Kapitalzufuhr durch die Gesellschafter. Ein Kredit, den ein Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise gewährt, ist nach den Bestimmungen des EKEG Eigenkapital ersetzend, das heißt er unterliegt einer Rückzahlungssperre solange die Gesellschaft nicht saniert ist.

Zur Vermeidung von Umgehungskonstruktionen über Konzerngesellschaften erweitert § 9 EKEG den Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechtes auch auf sog. “sidestream-Konstruktionen” (Schlagwort “Schwesternkredit”), in welchen die Konzernmutter ihre Finanzierungsverantwortung über eine Weisung an eine andere von ihr abhängige Konzerngesellschaft abwälzt, die ihrerseits oftmals gar kein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Sanierung des Kreditnehmers hat. Ist die Weisung kausal für die Kreditgewährung, hat die angewiesene kreditgebende Gesellschaft – der während der Krise des Kreditnehmers ein Anspruch auf Kreditrückzahlung verwehrt ist – zum Nachteilsausgleich einen Erstattungsanspruch gegen den anweisenden übergeordneten Gesellschafter (§ 9 Abs 1 Satz 2 EKEG).

Der OGH hat in der Entscheidung vom 23.04.2020, 6 Ob 154/19v, nun klargestellt, dass bei Vorliegen einer Weisung – und Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des § 9  EKEG – der Erstattungsanspruch des § 9 Abs 1 Satz 2 EKEG auch bei Kreditgewährungen downstream (also insbesondere bei – über Weisung der Großmuttergesellschaft erfolgenden – Kreditgewährungen der Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaft) zum Tragen kommt. Wenngleich bei derartigen Konstellationen die kreditgebende Gesellschaft als erfasste Gesellschafterin an sich selbst Finanzierungsverantwortung trägt und eine Sanierung der Kreditnehmerin daher typischer Weise auch ihr zugute kommt, dokumentiert nach Ansicht des OGH die Weisung des übergeordneten mittelbaren Gesellschafters, dass dieser ein Interesse an der Kreditvergabe an die in der Krise befindliche Konzerngesellschaft hat und auch gewillt ist, die Kreditvergabe entgegen den Interessen der angewiesenen kreditgebenden Gesellschaft durchzusetzen.

Da aufgrund der Interessen- und Verantwortungslage bei “downsteam-Konstellationen” zunächst nicht davon auszugehen ist, dass die Kreditgewährung an die in der Krise befindlichen Tochter nur auf Weisung der übergeordneten Konzerngesellschaft erfolgt, ist es für eine erfolgreiche Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs durch die Kreditgeberin essentiell, die die Kreditvergabe zumindest miterfassende Weisung der übergeordneten Konzerngesellschaft entsprechend zu dokumentieren.

 

 

KONTAKT

Dr. Beate Anzinger (Partnerin)
b.anzinger@wildmoser-koch.com
Tel.: +43 / 732 / 66 73 26 0